Wie jedes Jahr stand auch in diesem Jahr der für uns inzwischen zur Tradition gewordene Armadacup in Bern an. Bei diesem Wettkampf fahren die Drachenboote auf dem Wohlensee eine 9 Kilometer lange Strecke mit Wende. Nachdem wir letztes Jahr Vierter geworden waren, hatten wir uns in diesem Jahr Hoffnungen auf einen Medaillenplatz gemacht. Nach wochenlangen, harten Trainingseinheiten und einer intensiven Vorbereitung durch unseren Trainer Tom Maier, machten wir uns auch in diesem Jahr mit unserem Boot auf den Weg nach Bern. Dort angekommen, wurden wir alle mental auf den Wettkampf vorbereitet und besprachen noch einmal unsere Taktik. Anschließend konnte es losgehen. In diesem Jahr waren wir sehr früh auf dem Wasser, sodass wir uns noch gut warmfahren konnten. Dann war es endlich soweit, der Startschuss nahte. Wenn alle Boote auf ihren Plätzen sind, die Umgebung total still ist und alle nur noch auf den Startschuss warten, dann ist die Stimmung immer besonders angespannt.
Nachdem der Startschuss gefallen war, paddelten alle Drachenboote gleichzeitig los. Auch unser Team gab alles und lieferte sich mehrere spannende Duelle mit anderen Mannschaften. Im Vergleich zu manch anderem Jahr, gab es in diesem Jahr weniger Kollisionen und direkte Gefechte mit verkeilten Paddeln und festgefahrenen Booten. Das hatten wir unter anderem unserem Steuermann Jens Müller zu verdanken, der sich mit den anderen Bootsführern absprach. Wir kamen gut voran, die Mannschaft war konzentriert und bei bester Kondition. Jens Müller und ich (auf der Trommel) feuerten währenddessen unser Team an, das hochmotiviert mit höchstmöglicher Geschwindigkeit den Fluss entlang paddelte. Dank der sehr guten Kommunikation und Koordination innerhalb unseres Bootes konnte die relativ hohe Frequenz (bis zu 70 Paddelschläge pro Minute) unserer Schlagleute Dietmar und Lisa Korn gehalten werden. Diese Frequenz wurde in den kurzen Überholsprints sogar noch erhöht.
Auch die Wende, die nach der Hälfte erfolgt, meisterten wir ohne weitere Probleme, diesmal in der taktisch günstigeren Innenkurve. Kurze Zeit später, nach ca. 6 Kilometern, geschah das Unfassbare, unser Steuermann kugelte sich durch eine etwas ruckartige Bewegung die linke Schulter aus. Das hinderte ihn jedoch nicht daran unser Boot trotz starker Schmerzen weiter zu steuern, er wollte dieses Rennen unbedingt zu Ende bringen. Damit hat er sich nicht nur den Respekt unserer Mannschaft verdient, sondern auch den der Gegner und war für uns „der Held des Tages“. Außer mir bemerkte das jedoch niemand aus unserem Boot. Jens Müller ließ niemanden von der Mannschaft wissen, was wirklich passiert war und versuchte das Boot weiter auf Kurs zu halten. Aus diesem Grund paddelte unser Team das Rennen zu Ende und niemand schöpfte, abgesehen von kleineren Schlenkern, Verdacht. Nur die anderen Teams wunderten sich über seine gekrümmte Haltung und sein schmerzverzehrtes Gesicht.
Wir haben das Ziel nach 36,2 Minuten erreicht, damit waren wir sogar um zwei Sekunden schneller als im vorherigen Jahr gewesen. Erst jetzt erfuhr der Rest der Mannschaft, was mit unserem Steuermann los war, fast niemand wollte anfangs glauben, dass er das Rennen in diesem Zustand noch zu Ende gesteuert hat. Mit Hilfe von Oliver Theile, der ebenfalls in unserem Team gepaddelt ist und den Sanitätern vor Ort, konnte Jens noch am Steg versorgt werden. Zwar erzielten wir „nur“ den fünften Rang, doch das spielte für uns keine Rolle mehr. Die ersten vier Boote die aus Deutschland, Tschechien und Ungarn kamen, waren nur einen kleinen Tick schneller gewesen. Wir hatten Teamgeist bewiesen, jeder hat alles gegeben und wir hatten uns und allen anderen einen spannenden, ereignisreichen Wettkampf geboten, nur das zählte am Ende. Den Abend ließen wir gemeinsam bei einem guten Abendessen ausklingen.