Wild- und Wanderflüsse der Cevennen

Die Cevennen im Süden Frankreichs sind geprägt von spektakulären Schluchten, wilden Flüssen und einsamen Naturlandschaften. Mit der Chassezac, der Tarn und der Gardon haben wir drei Teilstücke der Flüsse abgepaddelt, mit sehr unterschiedlichen Charakteren, eingebettet in einmaligen Landschaften.

von Frank Siepmann

Bei Le Vans überqueren wir zum ersten Mal die Chassezac. Als Ausgangspunkt für die George du Chassezac haben wir uns den Camping Mazet Plage ausgesucht, am Ende der Schlucht. Von hier gelangt man in wenigen Minuten zum verwunschen Wald: Bois de Paiolive, der zu wunderschönen Wanderrungen oberhalb der Schlucht einlädt. Das machen wir auch am ersten Tag, da wir so vom Schluchtrand einen hervorragenden Einblick in unsere für den nächsten Tag geplante Kanutour bekommen.

In diesem Jahr haben wir uns entschieden, die eigenen Boote zu Hause zu lassen und uns Leihboote zu nehmen. Das hat den Vorteil das es einen Hol und Bringservice der Bootsvermieter gibt, da die Öffentlichen Verkehrsmittel in allen 3 Tälern sehr schlecht sind.

Mit dem Bus geht es am nächsten Morgen bequem zum Startpunkt nach Le Vans. Unser Gepäck verstauen wir wasserdicht in Ortliebsäcken, was sich als sehr nützlich herausstellt. Einweisungen gibt es keine, was umso unverständlicher ist, da es hier einige gefährliche Stromschnellen und unterschwemmte Prallwände gibt, wie sich später herausstellen sollte.

Bei uns geht es erst einmal zügig los: Kleine Stromschnellen wechseln sich mit ruhigen Abschnitten ab. Wir sind fast alleine auf dem Fluss, und das trotz Ferienzeit, als wir bald die kleine Ortschaft Chassagnes rechts neben uns liegen lassen und die eigentliche Schlucht anfängt. Eine Schwallstrecke (WW 1-2) mit Schrägabfall fordert unsere Aufmerksamkeit, bevor wir von nun an zwischen bis zu hundert Meter hohen Felswänden paddeln.

Wir legen zu einem kurzen Stopp an einer Kiesbank an und beobachten das Geschehen der Anfänger an dieser Paddelherausforderung. Manch einer landet im Wasser und schreit bei den kühlen Wassertemperaturen empfindlich auf. Die Weiterfahrt durch die George ist landschaftlich wunderschön und zeitweises WW 2 sorgt für eine zügige Fahrt. Bei Kilometer 60,4 , etwa in der Hälfte der Schlucht, müssen wir einer Mutter und ihrem Kind zu Hilfe kommen, die mit ihrem Kanu an einen Felsen gepresst wird. Nach einer halben Stunde nehmen Beide etwas blass die Weiterfahrt auf. Für uns endet die Etappe in Casteljau am Ende der Schlucht. Eine Weiterfahrt lohnt sich nur, wenn man bis in die ca. 12 Kilometer entfernte Ardeche paddeln will.

Für uns geht die Fahrt weiter Richtung Tarn. Nach unendlichen Kurven und Serpentinen quer durch die einsamen Cevennen, erreichen wir nach Stunden die bis zu 500 Meter hohen Felswände der George du Tarn. Tief hat sich der Fluss in das Kalkstein eingefressen, tosend fließt der Fluss über Felsen, durch schäumige Stromschnellen und dann wieder ganz sanft durch kleine Ebenen. Von hier geht es viel gemächlicher und familienfreundlicher, ganz gemütlich die Tarn herunter. Zu einem ersten Stopp lädt die kleine Ortschaft Ste-Chely-du-Tarn ein. Ein paar Cafés und blumenbestückte Steinhäuser bilden eine gemütliche Atmosphäre und nette Fotomotive. Bei der Weiterfahrt begegnen uns weitere nette, kleine Ortschaften, die alle sehenswert sind und eingerahmt von den mehreren hundert Meter hohen Schluchtwänden. Vom Kanu aus entdecken wir immer wieder Kletterer, die hier ebenso ein Paradies finden wie wir Kanufahrer. Bei Malene bringt ein Schrägwehr, das gut zu befahren ist, etwas Schwung in die bei leichtem Wildwasser doch eher behäbige Fahrt. Am Pas de Souci, bei Kilometer 82,6 , endet unsere lange Tagesetappe. Hier gab es vor Jahren einen Felssturz, der eine Weiterfahrt unmöglich macht. Wer will kann ausbooten und nach ein paar hundert Metern an einem Camping wieder einsetzen, aber für uns reichen die 23 Kilometer seit Stainte-Enemie.

Unser dritter Fluss, die Gardon, liegt südöstlich von der Tarn, nur unweit von Nîmes entfernt. Die Kanutour startet für uns bei Colias. Hier ist der Gardon ein wenig aufgestaut, und einige  Schülergruppen machen hier unter Anleitung ihre ersten Paddelübungen. Ganz gemütlich zieht uns das Wasser mit, ohne große technische Schwierigkeiten. Dafür können wir entlang des Ufers immer wieder spannende Tierbeobachtungen machen. Mal trottet ein einsamer Fuchs ganz seelenruhig am Ufer entlang, wenige Augenblicke später liegt eine Schildkröte auf einem Baumstamm und sonnt sich.

Nach ein paar Kilometern fahren wir auch hier in eine Kalksteinschlucht ein. Nicht so spektakulär wie die George du Tarn, aber dafür finden wir wunderschöne Kiesbänke zum Verweilen, Picknicken und zum Schwimmen. Alles wasserdicht verpackt in Packsäcke, haben wir genug Proviant dabei, um uns für den Streckenabschnitt den ganzen Tag Zeit zu lassen.

Der Höhepunkt der Reise kommt fast am Ende. Gemütlich zieht sich die Gardon durch den Pont du Gard, einem alten, römischen Viadukt. Hier bauten die Römer eine Wasserleitung, um die Stadt Nîmes mit Wasser aus den Bergen zu versorgen. Das Bauwerk ist ein UNESCO-Weltkulturerbe und zieht jährlich über 1,2 Millionen Besucher an. Von daher ist für uns nicht nur das Bauwerk sehenswürdig: Es ist ein großer Spaß, vom Kanu aus den ganzen Touristentrubel zu beobachten!